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Amnesty International Gruppe Miesbach (1431)

Impressum

Gruppe Miesbach (1431)

Spuren im Land (10): "Die Aristokraten an die Laterne"

Fussstapfen im Schnee

"Ja, es geht, es geht, es geht! Die Aristokraten an die Laterne ..." So sang man ihm revolutionären Paris des Jahres 1789.

In der Herrschaft Hohenwaldeck des Jahres 1667 "ging es nicht". Man hat den Grafen weder aufgeknüpft noch enthauptet, obwohl er es – Amnesty hin, Amnesty her – durchausverdient hätte. Aber Todesdrohungen scheint es durchaus gegeben zu haben. Vom Aufstand in Miesbach (und Umgebung) handelt die 10. Folge unseres Textprojekts.

Es ist die Zeit nach dem 30-jährigen Krieg. Die Bevölkerung Bayerns war um die Hälfte dezimiert, die Gesellschaft noch "nach göttlicher Weisung" in Stände gegliedert, das Land zu 80% in Besitz der Oberschicht, das Rechtssystem durch Parteinahme (nach oben) und durch Korruption belastet. Der 4. Stand (Bauern, Handwerker und noch "geringere Untertanen") lebte in einem feudalistischen Abhängigkeitsverhältnis zu Kurfürst oder Grundherr, war zeitlebens mit der Sicherung seiner kargen Existenz befasst und ermöglichte durch seine Abgaben und Dienstleistungen das Wohlleben und die rege Bautätigkeit der Prälaten und Adeligen. Wenn wir heute die Prachtbauten des Barocks bewundern, dann sollte man nicht vergessen, "dass sie in diesem Umfang nur realisiert werden konnten, weil zahlreiche billige Arbeitskräfte für Um- und Neubauten herangezogen wurden und die geduldigen Untertanen Transportmittel teils kostenlos bereitstellten."
Obwohl der Untertan alle Lasten trug, hatte er im öffentlichen Leben nichts zu sagen. Ein Jurist sprach ihm, ohne Widerspruch zu provozieren, sogar die Menschenwürde ab: Der Bauer sei nicht mehr wert als das Vieh, er müsse auch als solches behandelt werden. Genügend Potential für eine Rebellion, würde man (heute) meinen. Aber das System war noch nicht gefährdet. Das "gemeine Volk" war – wenn überhaupt – zu Geduld und Gehorsam erzogen worden und der harte Existenzkampf und die chronische Unterernährung führten zu Fatalismus und politischer Apathie.

Da muss es einer schon toll getrieben haben, wenn dem fügsamen Alpenvolk einmal das Haferl überläuft. So geschehen im Jahre des Herrn 1667. Seit 1659 regierte Johann Veit die Herrschaft Hohenwaldeck. Er wurde der unbeliebteste Maxlrainer und "sein Benehmen hat ihm, auch in Kreisen ernsthafter Menschen, den Titel eines 'Bauernschinders' eingetragen". Schon in seinem ersten Regierungsjahr erging von Kaiser Leopold I. gegen ihn ein Mandat (Strafbefehl) wegen "Bedrückung" der Untertanen, nachdem sich Johann Veit am kaiserlichen Hof nur "sehr matt und einfältig" verteidigt hatte. Gar nicht "matt" und eher einfallsreich ging er in seiner Herrschaft vor. Er verordnete, dass "Heiratsbriefe und sonstige Verschreibungen gerichtlich ausgefertigt werden mussten und forderte dann die Gerichtstaxen doppelt ein, andere Abgaben wurden verdoppelt und vervierfacht, und die Bauern mussten im Scharwerksdienst (Transportleistungen) dem Grafen das Getreide nach München fahren. Wer sich weigerte, erhielt die Pferde weggenommen, die dann der Graf 16 Tage für sich verwendete. Eine Anzahl Leute ließ er ohne Grund einsperren, 18 anderen, die er vier Wochen lang im Diebsturm gefangen hielt, soll er 'das Brot wie den Hunden' vorgeworfen haben."

Trotz des kaiserlichen Mandats ging die Unterdrückung weiter. Das löste einen förmlichen Volksaufstand aus, sodass sich der Graf gezwungen sah, beim Kurfürsten Ferdinand Maria Hilfe zu suchen. Ein neues kaiserliches Mandat aus dem Jahre 1661 gab zwar den "mutwilligen Supplikanten" teilweise Recht – "sollen mit übermäßigem Scharwerk nicht belastet werden und bei Scharwerksfuhren außer der Herrschaft eine billige Nachtzöhrung für Ros und Mann bekommen" -, aber am Ende wurden sie nachdrücklich aufgefordert, "ihrem rechtmäßigen Herrn ... allen gebührenden Respekt, Gehorsamb und Schuldigkeit, wie getreuen Untertanen zusteht, jederzeit zu leisten".

Zum Showdown kam es dann im März 1667. Es brach ein dritter Aufstand aus, in dessen Verlauf Johann Veit aus Wallenburg vertrieben und ein gräflicher Beamter erschossen wurde. Diese Beamten, im Volksmund spöttisch "Paruckenhansln" genannt, waren beim Volke wenig beliebt. Da sie meist kein Gehalt bezogen und (offiziell) auch keine Neben- einkünfte haben durften, waren sie auf Naturalbezüge und ihren Anteil an den Abgaben und Strafgebühren der Untertanen angewiesen. Ihre Widerstandsfähigkeit gegen Korrupti- on war entsprechend unterentwickelt. Dennoch darf man mit Fug und Recht sagen, dass es wahrscheinlich den Falschen erwischt hat.

In der Folge zog eine Abordnung von Bürgern und Bauern nach Wien, um dort ihre Beschwerden vorzubringen. Unter anderem wurde reklamiert, dass die Schenkwirte das Bier in Wallenburg zum Preise von drei Kreuzer die Maß nehmen mussten, während es in der ganzen Gegend nur zwei Kreuzer kostete. Da die Unruhen anhielten, schaltete sich auch der Kurfürst wieder ein, aber diesmal eindeutig auf Seiten seines Standesgenossen. Er verlangte nämlich, dass "die Rädelsführer ... in die Fronfest des Falkenturmes (zu München) wollen verwahrlich geliefert werden, damit man ihnen den Prozess machen und anderen hierdurch Anlass geben möge, von dergleichen unerhörten Widersetzlichkeiten, Trutz und Ungehorsam abzusehen". Zu diesen Rädelsführern gehörten: Wolf Auracher, Müller am Holz; Kaspar Mayr, Wirt zu Marbach; Hanns Willenberger zu Schweinthal; Hannes und Andre Markhauser; Sixt Gschwendner zum Thalhammer; Georg Reutter am Vogelsang; Hanns Clarer im Waldhof. Wie lange die acht Männer eingesperrt wurden, wissen wir nicht.

Das Urteil aus Wien erging im Juli 1669. Diesmal wurde der Maxlrainer so geschickt verteidigt, dass er "bei Vermeidung der kaiserlichen Ungnade nur gewarnt wurde, fernerhin Anlass zu ähnlichen Auseinandersetzungen und Beschwerden zu geben". Die Untertanen unterwarfen sich grollend und bitter enttäuscht. Das Bauernwort "Herren helfan z'samm" hatte sich wieder einmal bewahrheitet.

Johann Veit wusste die überzogenen Steuern und Abgaben wohl zu verwenden. Er ließ die Pfarrkirche in Miesbach erweitern und baute Wallenburg zu einem repräsentativen Vierflügelbau mit Kapelle und französischem Park aus. Allzu lange konnte er die neuen Prachträume seiner Residenz nicht genießen. Schon 1690 zog er nach München und verbrachte dort, krank, kinderlos und griesgrämig die Zeit bis zu seinem Tod im Januar 1705. Er wurde in Miesbach begraben, aber "das Volk empfand nach all den Bedrückungen, die es zu erdulden hatte, über sein Hinscheiden keine Trauer".

Fehler

P.S. Auf der philippinischen Halbinsel Bondoc haben sich Bauern zur Gruppe KMBP zusammengeschlossen. Sie leben unter ständiger Bedrohung von Seiten der Großgrundbesitzer, die trotz einer vom Staat beschlossenen Agrarreform immer noch wie mittelalterliche Feudalherren agieren. Ihnen gehört das meiste Land, die Bauern müssen einen Großteil der Ernte abliefern. Wer sich dagegen wehrt, wird verfolgt, manchmal mit dem Tode bedroht. Seit 2006 stehen die Landlords von Bondoc unter Beobachtung. Mitglieder des International Peace Observers Network (IPON) leben bei den Bauern. Sie begleiten sie auf Demonstrationen und bei Gerichtsauftritten und protokollieren Willkürakte. Erste Erfolge sind zu verzeichnen: Demonstrationen verlaufen friedlicher und nach einem Überfall auf einen Bauern verfolgte die örtliche Polizei zum ersten Mal den Täter mit Haftbefehl.

Womit wir nach diesen Ausflügen in die Lokalgeschichte und über den Erdball unversehens wieder beim Thema "Fortschritt" gelandet wären!

ai Miesbach

Folge 11: Ein Kind des Krieges