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Amnesty International Gruppe Miesbach (1431)
Jahresberichte:
Fälle:
Yasaman Aryani und Monireh Arabshahi (Iran)
Yew Wah HOO (Malaysia)
Zeitungsartikel:
Spuren im Land:
Am 23 April 1941 erließ der damalige Gauleiter von München-Oberbayern und bayerische Innen- und Kultusminister Adolf Wagner einen neuen Kruzifix-Erlass, der die Entfernung der Kreuze aus den Klassenzimmern verfügte: "Gleichzeitig weise ich darauf hin, daß kirchlicher Bilderschmuck ... sowie Kruzifixe in der Schule am falschen Platz sind; ich ersuche daher, Sorge dafür zu tragen, daß solcher Wandschmuck allmählich entfernt oder durch zeitgemäße Bilder ersetzt wird. Eine geeignete Gelegenheit hierzu ergibt sich beispielsweise bei Erneuerungsarbeiten in den Klaßzimmern ... oder im Zuge räumlicher Änderungen. Ich ersuche entsprechend zu verfahren."
Es ist hier nicht der Ort, im Einzelnen auf die Hintergründe und Begleitumstände dieses Konflikts einzugehen; sie seien hier nur Stichworten angedeutet. Die antikirchliche Schulpolitik der Nazis hatte ihre Wurzeln u.a. in den Schulreformen nach dem 1. Weltkrieg, wo nach Abschaffung der geistlichen Schulaufsicht – und in Reaktion darauf – ein Teil der Lehrerschaft alles daran setzte, das Religiöse aus den Schulen zu verbannen. Von diesen Lehrern wurden antikirchliche Maßnahmen mitgetragen oder sogar initiiert. Andererseits ist zu erwähnen, dass es auch innerhalb der Partei unterschiedliche Positionen gab und selbst Parteigenossen (oder deren Frauen) diese Maßnahmen kritisierten. Auch darf man nicht übersehen, dass der Konflikt um die Kreuze nur ein Randaspekt des Schulkampfes war. Hitler ging es v.a. um die Formung der Jugend durch den Nationalsozialismus; weil diesem Ziel das Kreuz im Wege stand, war es durch ein Führerbild zu ersetzen.
Während aber vorausgehende (und grundsätzlichere) Maßnahmen, z.B. die Schulverbote gegen die Geistlichen und die Verdrängung des Religionsunterrichts, von der kirchentreuen Bevölkerung hingenommen wurden, kam es – zur Überraschung von Regime und Kirchenführern - über die Entfernung von Schulkreuzen zu Massenprotesten. Gründe dafür gibt es mehrere; aber neben der "Handgreiflichkeit" der Kreuzentfernung, der Greifbarkeit der Schuldigen (Lehrer, Bürgermeister) und der Leichtigkeit der Rückgängigmachung (Wiederaufhängung des Kreuzes) dürfte v.a. die Überzeugung eine Rolle gespielt haben, dass die Entfernung des Kreuzes eine Vorlaufübung für die in der Nachkriegszeit geplante Abschaffung der Religion selbst sei. ("Finger weg von den Kruzifixen, berührt nicht unsere Religion")
Die Sprache des Kruzifix-Erlasses - "eine geeignete Gelegenheit" abwarten, lässt allerdings die Vermutung zu, dass der Minister mit Reaktionen der Bevölkerung rechnete. Und die blieben auch nicht aus. Als der Geheimerlass bekannt und umgesetzt wurde, kam es in ganz Bayern, insbesondere, auf dem Land, zu scharfen Protesten, die von Beschwerdebriefen über Demonstrationen mit Sprechchören bis zu selbständiger wieder Anbringung der Kreuze reichten. Nach Kardinal Faulhaber sollen sich "Szenen" abgespielt haben, "die an die Zeiten der ersten Christenverfolgungen erinnern".
In Miesbach und Umgebung lief es jedoch nicht ganz so heftig ab. Aber bevor wir die Ereignisse schildern, müssen wir auf ein Informationsdefizit hinweisen. Von den Teilnehmerinnen des "Kreuz-Zuges" ist keine mehr am Leben, und die meisten von ihnen haben ihre Erinnerungen mit ins Grab genommen, ohne eine Aufzeichnung zu hinterlassen oder mit ihren Kindern in Einzelheiten darüber gesprochen zu haben. Telefonate mit der 2. Generation haben häufig ergeben, dass man zwar wusste, "dass die Mutter dabei war", aber nicht, wer den Protest organisiert hatte, wie er ablief, wer daran beteiligt war und ob es zu Repressalien gekommen ist. Wir waren deswegen angewiesen auf diese lückenhaften Erinnerungen, auf Chroniken und Bücher und auf einen Zeitungsbericht aus dem Jahre 1989, wo eine der Teilnehmerinnen zu ihrem 95. Geburtstag auf dieses Ereignis hin befragt wurde. Ihre Erinnerungen, das sei hier mit Nachdruck festgehalten, sind, trotz des hohen Alters, weniger lückenhaft als unsere Nachforschungen.
Kern der Protestaktion scheint eine Gruppe von 6 bis 8 Frauen gewesen zu sein, die sich (wahrscheinlich) im September 1941 im Schulhof vor der Portiunkulakirche versammelte. Die Gruppe soll dann auf etwa 90 Miesbacher Mütter angewachsen sein. Teilnehmerinnen waren v.a. Mitglieder des Frauenbundes und des Müttervereins, aber auch einzelne Angehörige der NS-Frauenschaft und die Frau des evangelischen Pfarrers. Der Schulleiter wies die Frauen ab, der Landrat, "ein Mann mit guter christlicher Grundhaltung" erklärte ihnen, dass "die Wegnahme der Kreuze außerhalb seiner Zuständigkeit geschah". Darauf ging es zum Bürgermeister. Die Frauen besetzten zwei Stunden lang das Rathaus – heute würde man von einem "Sitzstreik" sprechen – und waren auch durch Drohungen des Bürgermeisters und von der Polizei nicht zu vertreiben. Schließlich scheint eine Delegation von vier Frauen vorgelassen worden zu sein, die mit ihm aushandelten, dass die Kreuze wieder aufgehängt wurden, nach Aufzeichnung der Frauenbundchronik an ihrem "gebührenden Platz", nach Erinnerungen einer damaligen Schülerin an der Seitenwand.
Beim Showdown im Amtszimmer des Bürgermeisters scheint es übrigens zu einer dramatischen Szene gekommen zu sein. Eine der vier Delegationsmitglieder hatte ihr Mutterkreuz mitgebracht und warf es dem Bürgermeister auf den Tisch. Man kann sich vorstellen, was sie dabei gesagt hat: "Wenn ihr die Kreuze nicht in Schulen haben wollt, dann kann ich auf dieses Kreuz auch verzichten."
Zu Repressalien scheint es in Miesbach nicht gekommen zu sei; in Affecking/ Niederbayern kam der Pfarrer, der für die protestierenden Frauen eintrat, für vier Jahre ins KZ Dachau.
Repressalien der leichteren Sorte sah sich eine Elbacherin ausgesetzt, die, als sie von der Kreuzentfernung hörte, zum dortigen Bürgermeister ging, ihn – nach Aussagen ihrer Tochter - "alles hieß", weitere Frauen anspornte, ihrerseits zum Bürgermeister zu gehen, sodass man schließlich erreichte, dass das Kreuz "am gleichen Platz" wieder aufgehängt wurde. Zur Strafe für ihre Aufmüpfigkeit musste die Frau dann Zeichen/ Anteilscheine für das Winterhilfswerk vertreiben, doch während diese in früheren Jahren nicht gerade zu Verkaufsrennern wurden, haben sie die Frauen des Dorfes diesmal in so großen Mengen gekauft, dass die Strafaktion in zwei Tagen abgeschlossen war.
In einer Würdigung des Schulkreuzkonflikts heißt es: "Der Kampf um das Schulkreuz im Dritten Reich gehört zwar nicht zu den spektakulären Widerstandshandlungen ... Aber er bot einer erheblichen Anzahl gläubiger Menschen die Möglichkeit, symbolhaft auszudrücken, dass ihnen christlicher Glaube höher als menschliche Gebote steht ... Darin liegt sein überzeitlicher Wert." Wir können stolz darauf sein, dass die Frauen im Landkreis Miesbach daran teilgenommen haben.
P.S. Unsere Parallele aus der aktuellen ai Arbeit führt uns noch einmal nach Birma/ Myanmar. Dort wurden im Januar 2003 zwei buddhistische Nonnen zu einer 15-jährigen Haftstrafe verurteilt, weil sie an einer friedlichen Demonstration teilgenommen hatten. Die Behörden begründeten das Urteil dahingehend, das die beiden Frauen "Pamphlete mit Aufrufen zu Demonstrationen" verbreitet und "Parolen" gerufen hätten.
Da sind die Miesbacher Frauen – Gott sei Dank – noch recht glimpflich davongekommen.
ai Miesbach