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Amnesty International Gruppe Miesbach (1431)

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Gruppe Miesbach (1431)

Spuren im Land (8): Die Morde von Götting

Fussstapfen im Schnee

"Am 28. April 1945, als alle schon hofften, dass das Kriegsende gekommen sei, ereigneten sich im Dorf zwei hinterhältige Morde. Der Ortsgeistliche Pfarrer Josef Grimm und der Hauptlehrer Georg Hangl wurden von SS-Männern erschossen."

Am frühen Morgen dieses Tages hatte Lehrer Hangl eine Radiomeldung der Freiheitsaktion Bayern (FAB) gehört, in dem mit dem Stichwort "Fasanenjagd" der Aufruf erging, Widerstand zu leisten und die weiß-blaue Fahne zu hissen. Um 6.30 begab sich Lehrer Hangl zu Pfarrer Grimm, wo sich auch der Hilfsarbeiter Gruber einfand. Die drei Männer beschlossen einen Flaggentausch: Noch wehte auf dem Kirchturm die Hakenkreuzfahne, denn Götting, so die spätere Aussage eines Polizeibeamten, war der einzige Ort in der Gegend, wo auf Weisung der SS die Hitlerfahne gehisst werden musste. Es ist anzunehmen, dass die drei Männer nicht nur dem Aufruf der FAB Folge leisten, sondern auch den herannahenden Amerikanern signalisieren wollten, dass man den Ort kampflos übergeben werde. Pfarrer Grimm stieg auf den Kirchturm und hing die bayerische Fahne auf. Die Hitlerfahne, die er "das rote Schneuztuch" nannte, warf er hinunter; sie blieb am Schneegitter über der Dachrinne hängen. Die Bayernfahne wurde allerdings noch vor der Frühmesse wieder eingeholt, da verschiedene Leute, u.a. Hangls Ehefrau, Bedenken geäußert hatten. Auf Geheiß des Kommandanten des im Ort stationierten Veterinärtrupps musste Grimm die Hakenkreuzfahne, für die der Offizier "sechs Jahre gekämpft habe" und "der er die Treue halten werde", bergen und an ihren alten Platz zurückbringen. Damit schien die Sache erledigt. Und selbst als gegen 11.30 das Scheitern der FAB gemeldet wurde, schienen weder Pfarrer noch Lehrer zu ahnen, in welcher Gefahr sie sich befanden. Der dritte Mann Johann Gruber floh und versteckte sich im Wald.

Die Gefahr kam von einem im Ort verbliebenen SS-Trupp unter Führung des flämischen Untersturmführers Bachot. Die Aufgabe seines Haufens hatte darin bestanden, sich vom Feind überrollen zu lassen und dann Sabotageakte hinter den feindlichen Linien durchzuführen. In Götting schienen sie eher damit beschäftigt zu sein, die Bevölkerung einzuschüchtern und zu schikanieren. In ihrer Mehrheit waren sie am 26. April abgezogen worden; zurück blieben lediglich vier Mann: Bachot, Moens, Kaiser, Koeken. Um 16.00 verhafteten sie Pfarrer Grimm, wobei man ihm nicht einmal mehr Gelegenheit gab, sich von seiner Mutter zu verabschieden. Nach einem kurzen Verhör, in dem der Priester "dem SS-Kommando Hitlers Unrecht gegen Gott und die Menschen" vorhielt, wurde er in ein Auto gesetzt, zwischen Götting und Irschenberg in den Wald geführt und mit zwei Genickschüssen getötet. Zeugen, die später den Leichnam sahen, sagten aus, dass er Spuren schwerster Misshandlung aufwies. Im Prozess gegen Bachot wollte der Richter aber nicht ausschließen, dass diese "Spuren" auf die Genickschüsse und den Aufprall auf den Boden zurückzuführen seien.

Fehler

Gegen 19.00 kamen drei der SS-Männer in die Wohnung von Lehrer Hangl und forderten ihn auf, zu einer Gegenüberstellung mitzukommen. Im Hof des Wirtshauses soll Hangl einen Stoß erhalten haben, der ihn zu einem Fluchtversuch provozieren sollte. Als er versuchte, wegzulaufen, wurde er erschossen. Ein Veterinäroffizier, der die Leiche sah, soll zu Bachot gesagt haben: "Den alten Mann hätten Sie doch mit der Hand fangen können."

Die vier SS-Männer zogen noch am selben Abend ab, nicht ohne den Befehl zu geben, den beiden Opfern ein ordentliches Begräbnis zu verweigern. Erst nach Ankunft der Amerikaner wurden sie am 3. Mai bestattet. Die Täter erschienen einige Tage später in Siegsdorf bei den Amerikanern: in Zivilkleidung und mit Fremdarbeiterpässen. Sie wurden ohne Probleme entlassen.

Zum Prozess gegen Bachot kam es erst im Jahre 1963. Er leugnete die Tat (und seine Identität), wurde aber durch Augenzeugen und ehemalige SS-Männer schwer belastet. Da man die Bedingungen für Mord als nicht erfüllt ansah, wurde er wegen Totschlags an Pfarrer Grimm zu sieben Jahren verurteilt. Im Falle Hangl wurde er aus Mangel an Beweisen frei gesprochen. In einem Revisionsprozess wurde das Strafmaß auf drei Jahre reduziert, da nicht auszuschließen sei, er habe unter Befehlsnotstand gestanden. Die Strafe war aufgrund der Untersuchungshaft bereits verbüßt, und Bachot verließ den Gerichtssaal als freier Mann. Der Spruch des Gerichtes rief heftige Reaktionen in der Öffentlichkeit hervor. Er gilt als "Beispiel für die halbherzige juristische Aufarbeitung von Kriegsverbrechen in der deutschen Nachkriegszeit".

Auf dem Primizbild von Pfarrer Grimm, der übrigens im Landkreis Miesbach (Deisenried/Elbach) geboren ist, heißt es geradezu prophetisch: "Das Opfer des Priesters verherrlicht Gott, erfreut die Engel, erbauet die Kirche, bringt Hilfe den Lebenden und Ruhe den Toten." Mit dem "Opfer" mag ursprünglich das Messopfer/die Eucharistie gemeint sein, aber durch ihre Tat und ihr Sterben für ihre Gemeinde und ihre Überzeugung hat das Wort bei Pfarrer Grimm und bei Lehrer Hangl eine Bedeutung erlangt, die über die eucharistische Rede hinausgeht.

P.S. Am 12. Februar 2005 wurde im brasilianischen Bundesstaat Pará die Ordensschwester Dorothy Stang erschossen. Sie engagierte sich mehr als 30 Jahre lang für Kleinbauern, Landlose und Eingeborene in der Amazonas Region. Sie hatte viele Feinde: Viehbesitzer, Landverkäufer, Holzhändler. Und allen traut man den Mord zu. Jetzt hofft man nur, dass ihr Tod Veränderungen durchsetzen könnte, wie sie im Bundesstaat Acre durchgesetzt wurden. Dort wurde vor 17 Jahren der Urwaldaktivist Chico Mendes umgebracht.

Und auf alle vier passt unser Schlusswort: "Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir widerspruchslos hinnehmen."

ai Miesbach

Folge 9: "Der Hof muss brennen"